Zeigt Heines Grabmal in Paris, Friedhof Monmartre, nicht Père Lachaise wie die anderen Berühmtheiten. 

… sag ich lass sie grüßen!“ Heinrich Heine hat diesen zu Herzen gehenden Satz auf seinem Krankenlager in Paris (vielleicht zu seiner Mathilde) gesagt. Die letzten acht Jahre seines Lebens verbrachte er gelähmt in seiner „Matratzengruft“, bei klarem Verstand und ungebrochener Schaffenskraft. Sein Heimweh nach der Natur, nach dem Anblick von frischem Grün hat er immer wieder zum Ausdruck gebracht. 

Hier sieht man meine Engelchen, die sich über eine Nostalgierose freuen

Nicht alle Bettlägerigen sind in der Lage ihre Sehnsucht nach dem Leben so poetisch in Worte zu fassen. Umso wichtiger ist es, Schwerkranke mit dem Lebendigen zu berühren. Rosenduft gehört zu den großen Seelentröstern. Aber auch Lavendel, Mandarine, Neroli und Bergamotte eignen sich gut zur Begleitung am Krankenlager. Am besten passen positiv belegte Düfte aus glücklichen Tagen. Bei der Beduftung von Krankenzimmern ist noch mehr als sonst auf sorgfältige Dosierung zu achten: erstmal ein Tröpfchen auf ein Tuch geben und in einiger Entfernung wirken lassen. Oft verwandelt nämlich schon dieser eine Tropfen die gesamte Atmosphäre und zaubert nicht nur beim Kranken sondern bei allen, die ein- und ausgehen eine entspanntere Miene. Ein Kriterium für die Wahl der Raumbeduftung in Krankenzimmern ist auch, dass man als Angehöriger mit einer sehr intensiven Verknüpfung dieses Duftes mit der Situation rechnen muss. Meine Erfahrungen im klinischen Bereich sind sehr dürftig. Von einer Krankenschwester weiß ich aber, dass der Duft von Lavendel, wenn er immer in diesen extremen Grenzsituationen gerochen wird, zu Einsätzen im privaten Bereich eigentlich nicht mehr in Frage kommt. Duftassoziationen haben eine große Macht über uns!

Am Ende eines langen Winters gehen uns allen allmählich die Kraftreserven aus. Infekte, Licht- und Bewegungsmangel, Trägheit vor der Glotze: Geistige Tätigkeit führt in diesem Zustand zu sofortigen Kopfschmerzattacken, für einen strammen Marsch an der frischen Luft fehlt aber die Kraft, die Zeit sowieso und die Motivation angesichts der Schneematschmengen, die einen von unten und oben erdrücken, sobald man die Nase zur Türe rausstreckt. Zeit für eine kleine Duftmeditation: sich sammeln, andere Sinnesreize reduzieren, durchatmen, Bilder mit dem Duft aus der Duftlampe aufsteigen lassen und anschließend mit niedriger Schlagzahl auf das Wesentliche konzentriert weiterarbeiten. Als Unterstützung hier eine Anregung zur Befüllung der Duftlampe:

„Den Winter austreiben“
Bergamotte, Zypresse, Zirbelkiefer (das Foto zeigt allerdings eine pinus sylvestris), Pfeffer je zwei Tropfen
Johanniskraut ätherisch und Angelikawurzel je einen Tropfen.

Wer mit der allemannischen Fasnet etwas anfangen kann, mag sich vielleicht zu dem Duft die entsprechenden Holzmasken vorstellen und sie vor seinem geistigen Auge den Winter austreiben lassen…

Thymus vulgaris, Thymian, der Pflanzenname kommt vom altgriechischen thymos. Das heißt so viel wie Mut, Geist aber auch Rauch und Duft. Mehr Etymologisches und Geschichtliches über dieses und andere Kräuter kann man auf dieser wunderbaren Seite nachlesen: http://www.uni-graz.at/~katzer/germ/Thym_vul.html
Griechische Krieger nahmen vor dem Kampf ein Thymianbad oder legten sich Thymianzweige in ihre Sandalen um ihren Kampfgeist zu stimulieren. Die Zeiten haben sich geändert, die Kampfzonen unserer Tage sehen anders aus aber noch immer leistet der gute alte Thymian Schützenhilfe: So variantenreich die biochemische Zusammensetzung seines ätherischen Öls ist, so zuverlässig wirken alle ätherischen Thymianöle gegen Krankheitskeime. Man spricht bei den Thymianölen von verschiedenen Chemotypen, die jeweils nach dem wichtigsten Hauptinhaltsstoff benannt sind. Um welchen Chemotyp es sich handelt, sollte auf dem Fläschchen stehen, davon hängt nämlich ganz entscheidend die Anwendungsweise ab! Die Thymianfrage ist übrigens ein prima Test, ob man einen wirklichen Aromakundigen oder nur einen Fläschchenverhökerer vor sich hat. Am geläufigsten sind die Chemotypen Thymian linalool und Thymian thymol.

Thymian linalool zeichnet sich durch seine besondere Haut- und Kinderfreundlichkeit aus und fehlt daher in keiner Mischung für Atemwegserkrankungen bei Kindern. Das Abhusten zähen Schleims wird erleichtert, das Immunsystem gestärkt und die keimhemmende Wirkung sorgt dafür, dass keine Sekundärinfektion den geschwächten Organismus heimsucht. Auf der emotionalen Ebene wirkt Thymian linalool stimmungsaufhellend und ermutigend. Für einen schmackhaften Hustensirup nehme ich einen oder zwei Teelöffel Honig, einen Tropfen Thymian linalool (und vergewissere mich, ob auch wirklich linalool auf dem Fläschchen steht!), einen Tropfen Zitrone oder besser noch Zedrat, vermische das unter Rühren mit einer Tasse warmem Wasser und genieße. Das schmeckt auch Kindern wunderbar. Wie bei allen aromatherapeutischen Anwendungen gilt: Regelmäßig anwenden, mäßig dosieren! Also fünfmal am Tag einen Tropfen und auf gar keinen Fall einmal fünf Tropfen! Das macht man freiwillig allerdings sowieso kein zweites Mal…

Thymian thymol ist äußerst scharf und muss sorgfältig verdünnt werden (1 Tropfen auf 10ml fettes Öl reicht!), dafür ist er aber auch sehr stark antibakteriell in der Wirkung und kann die gängigsten Bakterienstämme bereits in nulkommanull-prozentigen Verdünnungen in kurzer Zeit unschädlich machen. Ideal zur Raumulftdesinfektion, in Kombination mit Zitrus- und Nadeldüften. Altgriechische Anwendungsweise: Bei schlimmen Infekten der unteren Atemwege (Medizinmann fragen, is klar, ne) kann man flankierend Thymian thymol auf der Fußsohle anwenden: Einen Tropfen pro Fuß, dreimal am Tag. Wer das mal ausprobiert und gerochen hat, misst der Redewendung, mit jemandem auf Kriegsfuß stehen eine ganz neue Bedeutung bei…

Es wird heller! Im Innenhof scheint die Sonne am Vormittag wieder eine halbe Stunde auf die Treppe. Erste Lichtbringer in der Pflanzenwelt: Die Hamamelis entrollt ihre filigranen Blütenblättchen. Und gegen die Restdunkelheit, die von kalten dunklen Winternachmittagen noch in den Ecken unserer Seelen vor sich hindümpelt, kommt die wundervolle Duftmischung „Licht“ von Farfalla in die Duftlampe oder ins Körperöl. Ich nehme einen Tropfen in die Hand, vermische ihn mit Mandel- und Jojobaöl und streiche damit über Unterarme und in den Nacken: Diese runde Komposition mit Bergamotte, Jasmin, Rose, Neroli, Patchouli… bringt einen Sonnenstrahl ins Gemüt und mir heute schon ein duftes Kompliment für mein exquisites Parfum!

Eines meiner meistgehassten Wörter ist die unschöne Konstruktion Allroundtalent. Meine Ablehnung basiert nicht etwa auf dem weitverbreiteten Angilzismenverfolgungswahn. Nein: Allroundtalent ist so eine Killerformulierung, die dem Bezeichneten durch die Wischiwaschimasche schadet. Gerade in der Aromatherapie gibt es viele Opfer dieser pauschalen Ausdrucksweise. Der Facettenreichtum guten Lavendelöls beispielsweise wird mit diesem Begriff mit einem Wisch unter den Wundermitteltisch gekehrt. Laien und vor allem Kritiker bekommen so den Eindruck, es handele sich bei vielen ätherischen Ölen wegen dieser Allroundtalentgeschichte um Mittelchen, die alles ein bisschen jedoch nichts wirklich können. Außer bei Lavendelöl plädiere ich immer dafür, Einzelöle in ihrer Anwendung nicht überzustrapazieren und wenn sie noch so vielseitig einsetzbar sind. Lieber abwechseln und neue Synergien schaffen.Rosenwasser ist auch so ein Kandidat für diesen Ausdruck und wenn man ihn wörtlich übersetzt, trifft er hier in besonderer Weise zu: Ganz rund. So kann man den Duft und die Wirkung mehrfach destillierten Rosenwassers bester Qualität beschreiben. Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten machen den Besitz einer größeren Menge (im Kühlschrank lagern) dieser Kostbarkeit zu einer runden Sache. Hier ein paar jahreszeitlich passende Anwendungstipps:
Apfelrosenfenchelpunsch: Apfelsaft mit Fenchelsamen und Kardamom ca. 10 Minuten köcheln und anschließend mit einem Schuss Rosenwasser abschmecken. Ein blumig-bekömmliches Getränk für Gripperekonvaleszente und andere Angeschlagene. Ein wenig geriebener Ingwer schadet dem Getränk und der Gesundheit auch nicht.
Heiße Rosenzitrone: Frisch gepresster Zitronensaft, heißes Wasser, Honig, ein Schuss Rosenwasser: Macht die entzündungshemmende und desinifzierende Wirkung der Zitrone erst richtig rund.
Und außerdem darf Rosenwasser in Wickeln zur Fiebersenkung nicht fehlen. Rosenwasser im Waschwasser desodoriert: Das ist für grippal Infizierte, die das Bett hüten und viel schwitzen müssen aber nicht duschen oder schon gar nicht baden sollten, weil es den Kreislauf zu sehr belastet, eine große Wohltat. Bindehautentzündungen kann man mit in purem Rosenwasser getränkter Augenwatte lindern. ABER: es sollte reines Rosenwasser ohne Alkohol oder andere Zusätze sein! Mein Favorit ist das mehrfach destillierte Rosenwasser der Firma WADI. Das darf in meiner Praxis nie ausgehen. Und die Liste der Anwendugsmöglichkeiten ließe sich beliebig verlängern. Rosenwasser ist im besten Sinne ein universales Hausmittel!

Da habe ich aber gestaunt: ätherische Öle als Aromastoffe in der Küche sind mir ja durchaus nicht fremd und ich verwende sie regelmäßig. Allen voran natürlich sämtliche Zitrusdüfte, Vanille für Süßes, die Kräuter der Provence in ätherischer Form für mediterrane Gerichte, Lemongrass und Koriander für asiatisch angehauchte Speisen – alles natürlich in winzigsten Spuren. Aber auf die Idee, Ylang Ylang mit Schokolade zu verbinden bin ich trotz aller Experimentierfreude bisher nicht gekommen und war beim Anblick dieser Schokolade auch äußerst skeptisch. Zum Glück hat meine Neugier die Skepsis besiegt und ich habe eines der sinnlichsten Schokoschmeckerlebnisse aller Zeiten hinter mir und muss zu meiner größten Freude auch noch feststellen, dass keine Schokosucht damit ausgelöst wird. Es reicht ein winziges Stückchen um gaaaaaaanz samtigwonnigzufriedenes Wohlsein im ganzen Körper herzustellen – langsamst auf der Zunge zergehen lassen, Augen schließen und etwaige Ablenkungen durch andere Sinnesreize vermeiden! Erwartet hätte ich eher einen seifigen Geschmacksakkord, doch oh Wunder: Ylang Ylang schmeckt nicht raus verleiht aber der Schokolade einen äußerst weichen Charakter, der in Geschmacksnuancen überhaupt nicht zu beschreiben ist außer, dass er genau das Gegenteil der unvermeidlichen Verchilipfefferung des modernen Schokoladengenusses darstellt. Nichts für Kaltduscher und andere hartgesottene Zeitgenossen, würde ich meinen. Die Lavendel-Cranberrie-Kreation ist zwar auch lecker, es überwiegt das säuerliche Cranberriearoma und eignet sich ganz gut als Beigabe zu beerigen Desserts, ist aber kein wirklich neuer Stern am Schokohimmel.

Der Griff zu Orange und Zimt ist in der Adsventszeit ein regelrechter Reflex. Wie wäre es mal mit anderen Aromen zur Besinnung: Weihrauch, Myrrhe, Elemi, Vetiver, Patchouli eignen sich wunderbar zur Beduftung von adventlichen Meditationen und führen zu Unrecht ein Schattendasein in der Vorweihnachtsduftpalette. In den kommenden Tagen werde ich sie nacheinander genauer beleuchten, aber vielleicht ist es ja auch reizvoll, sich ohne intellektuelle Vorbelastung auf neue altbekannte Düfte einzulassen.

Bratapfelduft: Die meisten kennen nur noch die Vokabel und trotzdem weckt der bloße Gedanke daran gemütlichleckere, saisonal absolut passende Assoziationen – ähnlich wie Schneemann bauen und Schlittenfahren. Sonst würde Bratapfelaroma inzwischen nicht so oft in der Vorweihnachtskonsummaschinerie verwendet. Es gibt sogar Eis mit Bratapfelgeschmack, was für ein Widersinn! Zum Glück hat ein Schneemann kein allgemeingültiges Duftprofil, sonst würden wir das auch noch unter die Nase gerieben bekommen (ich wüsste übrigens schon, wie ein Schneemann riecht). Der klare Vorteil des Bratapfels gegenüber seinem frostigen Kollegen aus Schnee: Er fällt dem Klimawandel nicht zum Opfer, wir können diesen Stimmungsmacher jeden Tag genießen und es ist ganz kinderleicht! Außredem tun wir etwas für unsere Darmflora, die für das Immunsystem eine ganz tragende Rolle spielt. Bratäpfel wärmen verfrorene und rekonvaleszente Bäuchlein gleichermaßen. Bei uns gab es vorgestern die auf dem Foto abgebildeten Prachtexemplare (bzw. welche aus diesem Jahrgang, Sorte so alt wie unbekannt, duften nach Pfirsichen, Erdbeeren und Gewürzen) von unserem alten krummen Apfelbaum, der totgesagt noch solche appetitliche und wunderbar lagerungsfähige Früchte trägt: Gemahlene Mandeln mit gaaaanz hauchwenig Zimtzucker in der Pfanne rösten – ergibt übrigens Duft nach gebrannten Mandeln – Mandeln mit ein paar Tropfen Sahne zu einer krümeligen Füllung verrühren, ein oder zwei Tropfen Vanille-Extrakt und Orangenöl (Orange complet von Neumond ist super), das ganze in die vom Kerngehäuse befreiten Äpfel füllen und eine halbe Stunde bei 180°C backen. Das Aroma, welches sich nach und nach im Haus ausbreitet, ist von keiner Weihnachtsduftmischung zu überbieten und inspiriert zu allerhand besinnlichen Adventsbeschäftigungen.

In diesen Tagen bekommt man an allen Ecken und Enden so viele wundervolle Anregungen für hübsche Weihnachtsbasteleien. Ich könnte zig Projekte gleichzeitig anfangen! Außerdem muss man sich am Wochenende auch noch entscheiden, welchen stimmungsvollen Weihnachtsmarkt man besuchen soll (gestern waren wir in Sommerhausen, ganz inspirierend dort!), welche Backrezepte ausprobieren, für wen zuerst stricken usw. Große Aufgabe für die Aromatherapie: Kreativität zentrieren, Energie erhalten und in Tatkraft umwandeln. Nur ja nicht noch zusätzlich Euphorie wecken, sonst artet es komplett aus, also meine Zitruslieblinge Limette und Grapefruit kommen heute nicht in Frage. Mit den großen Z-Ölen gelingt es mir, den Tatendrang produktiv zu bündeln, ohne das notwendige Tempo herauszunehmen:

  • Zypresse, der große aromatherapeutische Zeigefinger für die Entscheidung für den richtigen Weg.
  • Zedrat für die Konzentration aufs Wesentliche und Reduzierung der Schusseligkeit: Riecht wesentlich kraftvoller, runder und fruchtiger als die kleine Schwester Zitrone und steht zwecks Weihnachtsbäckerei sowieso parat.
  • Zeder für das Durchhaltevermögen und das nötige Selbstbewusstsein, die eigene Arbeit wertzuschätzen. In dieser Mischung gefällt mir die Atlaszeder ganz gut, obwohl ich sonst eher zur Himalayazeder greife.
  • Zimt(blatt) und Zingiber (Ingwer) für die Wärme und die saisonalen Assoziationen.

Sie duften zu einigermaßen gleichen Teilen, nur Zimt und Zeder etwas weniger, in der Duftlampe angenehm herbfruchtigholzig vor sich hin und erzeugen eine wunderbare Arbeitsatmosphäre. Und wie eigentlich bei allen Raumbeduftungen mit ätherischen Ölen: Krankheitserregern wird das Leben in der Raumluft auch noch erschwert.