Ach, ich wusste gar nicht, dass man OHNE ätherische Öle kochen kann! Das dürfte eigentlich kaum möglich sein. Ätherische Öle kommen nämlich in allen Gewürzen – außer Salz und Zucker – vor, aber auch in Obst- und Gemüse bestimmen sie häufig den Geschmack. Wir kochen, backen, essen also sozusagen immer mit ätherischen Ölen. Die Fläschchen in der Aromapraxis enthalten allerdings nur ätherische Öle, also zu 100%. In den Pflanzen kommen sie in einer Konzentration von höchstens 3% vor. Das heißt: Wenn ich in der Küche damit arbeite, muss ich sehr vorsichtig dosieren. Faustregeln gibt es da eigentlich keine außer: Erstmal mit einem Tropfen ausprobieren, nachölen geht immer. Die Zitrusöle sind ein prima Einstieg in die Aromaküche: Einfach die konventionellen Backaromen ersetzen! Wer einmal einen Käsekuchen mit Bergamotteöl gegessen hat, wird nie wieder anders aromatisieren! Man hangelt sich am besten dann über Vanille und Lemongrass weiter in die pikante Richtung: Koriander, Kardamom, Majoran, Lorbeer.

Rezepte
Asiatisches Würzöl:
Auf 100ml Sesamöl mit je 2 Tropfen ätherischem Öl aus Koriandersamen und Lemongrass. Diese Mischung eignet sich hervorragend für Wok- und Reisgerichte. Erst nach dem Garen über die fertige Speise träufeln. Mit diesem Öl kann man das in vielen asiatischen Rezepten aufgeführte Lemongrass hervorragend ersetzen, wenn der nächste Asialaden zu weit weg ist!

Mediterranes Würzöl:
Auf 100ml Olivenöl mit 1Tropfen ätherischem Lorbeeröl, 3 Tropfen Thymian linalool, 3Tropfen Zitrone. Veredelt Tomatensoßen, wenn die Frischkräutersaison noch weit ist und selbst im Bioladen das Basilikum gespenstisch aussieht.

Der Trick mit dem Würzöl hat den Vorteil, dass die ätherischen Öle darin schon wesentlich weniger intensiv sind und ein kleiner Ausrutscher nicht gleich das ganze Gericht ruiniert. Meiner Erfahrung nach sollte man in der Küche nicht zu viele ätherische Öle gleichzeitig verwenden, außerdem sollten sie den Geschmack nicht dominieren. Gekonnt eingestzt wirken sie geschmacksintensivierend und verleihen den Gerichten eine raffinierte Note, fügen sich in die Geschmacksnuancen der Speise harmonisch ein. Beispielsweise Quark und alle damit zubereiteeten Speisen schmecken einfach quarkiger mit einem Hauch Bergamotte. Oder Schokopudding mit ein paar Molekülen Spearmint (mentha spicata, die Kaugummiminze): Mit der Stecknadel in den Tropfer des Fläschchens tauchen, dann die Stecknadel durch den Kakao äh Pudding ziehen, mmmmmmhjam! Und ach ja: Rosenkohl mit Limettenöl abschmecken, da dürfen es schon zweidrei Tröpchen auf einen Topf sein.

Schon als Kind habe ich die Herstellung von Johanniskrautmazerat oder Rotöl als ein wahres Wunder erlebt, das sämtlichen mir damals bekannten Naturgesetzen widersprach. Gelbe Blümchen in grünes Öl (nämlich Olivenöl) eingelegt und wochenlang der Sonne ausgesetzt ergeben ein rotes, wohlriechendes und heilkräftiges Mazerat. Alles, was ich als Kind auf ähnliche Weise in alchimistischer Manier versuchte zu veredeln, verwandelte sich in kurzer Zeit in eine braune gammelige Matsche. (Das Foto zeigt Rotöl im Becherglas auf Alabasterlampe)

Das Einsatzgebiet für Rotöl ist ein weites. Hier möchte ich ein Loblied auf seine entzündungshemmenden und schmerzstillenden Eigenschaften singen, da ich diese in den letzten Tagen sowohl bei einer äußerst schmerzhaften Entzündung des Mastoids (quasi die Fortsetzung einer Mittelohrentzündung im Schläfenbein) meines achtmonatigen Babys als auch meines Ischiasnervs erleben durften. In beiden Fällen hat das vorsichtige Auftragen puren Johanniskrautöls auf die betroffenen Stellen für augenblickliche spürbare Linderung gesorgt. Die sofortige Wirkung ähnlich eines hochdosierten intramuskulär gespritzten Schmerzmittels hat mich selbst dermaßen erstaunt, dass ich sofort einen Johannis-Votivaltar (Alabsterlampe, s.o.) errichtet habe. Die Mastoiditis ist dank unseres Kinderarztes, der den Griff zu den richtigen Globuli rechtzeitig veranlasst hat, innerhalb eines Tages jetzt soweit abgeklungen, dass kein Anlass zur Sorge mehr besteht. Wir bleiben unter Beobachtung undRotöl sollen wir noch weiter anwenden – am besten stündlich. Beim Johanniskrautöl variiert die Zusammensetzung besonders stark und somit auch die Wirkung. Momentan sind wir in der glücklichen Lage ein sehr potentes unser eigen zu nennen.Kleiner pharmaphilosophischer Exkurs: Man kann sich nicht immer darauf verlassen, man muss es ausprobieren. Das ist einer der Gründe, warum Naturheilmittel von der Schulmedizin so misstrauisch bis feindselig betrachtet werden: Es kann eigentlich keine verlässlichen Studien geben, da die Zusammensetzungen so verändlerlich sind. Die für die Wissenschaft notwendige Laborsituation ist mit naturbelassenen Produkten nicht herstellbar. Und wissenschaftlich bewiesen ist nur das, was unter immer gleichen Bedingunghen zu immer gleichen Ergebnissen führt. Wir Menschen sind ja schließlich alle gleich, gell. Ääähh?? Oder variieren wir etwa in Abhängigkeit von Anbauregion und Lagerung??? (Ende des Exkurses)

Man kann das Johanniskrautöl in seiner Wirkung noch enorm steigern, wenn man die entsprechenden ätherischen Öle zusetzt. Schon ein Tropfen Lavendelöl mit einmassiert schaltet durch synergistisches Zusammenspiel sozusagen den Turbo ein. Zur Zeit erübrigen sich zwar die Warnungen bezüglich der gesteigerten Lichtempfindlichkeit sind aber wichtig zu wissen: Sonne und Johanniskrautölanwendungen vertragen sich überhaupt nicht, jedes Jahr verbrenne ich mir beim Abfüllen meines Mazerats den Handrücken und laufe als Mahnmal der Phototoxizität durch den Spätsommer.

Allen, die oft mit Ohrentzündungen jeder Art kämpfen, sei Elianes ‚Pflichtfläschchen für Eltern‘ dringend ans Herz gelegt. Das Rezept findet man hier:http://aroma-therapie.blogspot.com/2008/11/pflichtflschchen-fr-eltern.htmlIm Juni schreibe ich nochmal über Johanniskraut (hypericum perforatum). Da gibt es noch viel zu erzählen!

Thymus vulgaris, Thymian, der Pflanzenname kommt vom altgriechischen thymos. Das heißt so viel wie Mut, Geist aber auch Rauch und Duft. Mehr Etymologisches und Geschichtliches über dieses und andere Kräuter kann man auf dieser wunderbaren Seite nachlesen: http://www.uni-graz.at/~katzer/germ/Thym_vul.html
Griechische Krieger nahmen vor dem Kampf ein Thymianbad oder legten sich Thymianzweige in ihre Sandalen um ihren Kampfgeist zu stimulieren. Die Zeiten haben sich geändert, die Kampfzonen unserer Tage sehen anders aus aber noch immer leistet der gute alte Thymian Schützenhilfe: So variantenreich die biochemische Zusammensetzung seines ätherischen Öls ist, so zuverlässig wirken alle ätherischen Thymianöle gegen Krankheitskeime. Man spricht bei den Thymianölen von verschiedenen Chemotypen, die jeweils nach dem wichtigsten Hauptinhaltsstoff benannt sind. Um welchen Chemotyp es sich handelt, sollte auf dem Fläschchen stehen, davon hängt nämlich ganz entscheidend die Anwendungsweise ab! Die Thymianfrage ist übrigens ein prima Test, ob man einen wirklichen Aromakundigen oder nur einen Fläschchenverhökerer vor sich hat. Am geläufigsten sind die Chemotypen Thymian linalool und Thymian thymol.

Thymian linalool zeichnet sich durch seine besondere Haut- und Kinderfreundlichkeit aus und fehlt daher in keiner Mischung für Atemwegserkrankungen bei Kindern. Das Abhusten zähen Schleims wird erleichtert, das Immunsystem gestärkt und die keimhemmende Wirkung sorgt dafür, dass keine Sekundärinfektion den geschwächten Organismus heimsucht. Auf der emotionalen Ebene wirkt Thymian linalool stimmungsaufhellend und ermutigend. Für einen schmackhaften Hustensirup nehme ich einen oder zwei Teelöffel Honig, einen Tropfen Thymian linalool (und vergewissere mich, ob auch wirklich linalool auf dem Fläschchen steht!), einen Tropfen Zitrone oder besser noch Zedrat, vermische das unter Rühren mit einer Tasse warmem Wasser und genieße. Das schmeckt auch Kindern wunderbar. Wie bei allen aromatherapeutischen Anwendungen gilt: Regelmäßig anwenden, mäßig dosieren! Also fünfmal am Tag einen Tropfen und auf gar keinen Fall einmal fünf Tropfen! Das macht man freiwillig allerdings sowieso kein zweites Mal…

Thymian thymol ist äußerst scharf und muss sorgfältig verdünnt werden (1 Tropfen auf 10ml fettes Öl reicht!), dafür ist er aber auch sehr stark antibakteriell in der Wirkung und kann die gängigsten Bakterienstämme bereits in nulkommanull-prozentigen Verdünnungen in kurzer Zeit unschädlich machen. Ideal zur Raumulftdesinfektion, in Kombination mit Zitrus- und Nadeldüften. Altgriechische Anwendungsweise: Bei schlimmen Infekten der unteren Atemwege (Medizinmann fragen, is klar, ne) kann man flankierend Thymian thymol auf der Fußsohle anwenden: Einen Tropfen pro Fuß, dreimal am Tag. Wer das mal ausprobiert und gerochen hat, misst der Redewendung, mit jemandem auf Kriegsfuß stehen eine ganz neue Bedeutung bei…

Eines meiner meistgehassten Wörter ist die unschöne Konstruktion Allroundtalent. Meine Ablehnung basiert nicht etwa auf dem weitverbreiteten Angilzismenverfolgungswahn. Nein: Allroundtalent ist so eine Killerformulierung, die dem Bezeichneten durch die Wischiwaschimasche schadet. Gerade in der Aromatherapie gibt es viele Opfer dieser pauschalen Ausdrucksweise. Der Facettenreichtum guten Lavendelöls beispielsweise wird mit diesem Begriff mit einem Wisch unter den Wundermitteltisch gekehrt. Laien und vor allem Kritiker bekommen so den Eindruck, es handele sich bei vielen ätherischen Ölen wegen dieser Allroundtalentgeschichte um Mittelchen, die alles ein bisschen jedoch nichts wirklich können. Außer bei Lavendelöl plädiere ich immer dafür, Einzelöle in ihrer Anwendung nicht überzustrapazieren und wenn sie noch so vielseitig einsetzbar sind. Lieber abwechseln und neue Synergien schaffen.Rosenwasser ist auch so ein Kandidat für diesen Ausdruck und wenn man ihn wörtlich übersetzt, trifft er hier in besonderer Weise zu: Ganz rund. So kann man den Duft und die Wirkung mehrfach destillierten Rosenwassers bester Qualität beschreiben. Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten machen den Besitz einer größeren Menge (im Kühlschrank lagern) dieser Kostbarkeit zu einer runden Sache. Hier ein paar jahreszeitlich passende Anwendungstipps:
Apfelrosenfenchelpunsch: Apfelsaft mit Fenchelsamen und Kardamom ca. 10 Minuten köcheln und anschließend mit einem Schuss Rosenwasser abschmecken. Ein blumig-bekömmliches Getränk für Gripperekonvaleszente und andere Angeschlagene. Ein wenig geriebener Ingwer schadet dem Getränk und der Gesundheit auch nicht.
Heiße Rosenzitrone: Frisch gepresster Zitronensaft, heißes Wasser, Honig, ein Schuss Rosenwasser: Macht die entzündungshemmende und desinifzierende Wirkung der Zitrone erst richtig rund.
Und außerdem darf Rosenwasser in Wickeln zur Fiebersenkung nicht fehlen. Rosenwasser im Waschwasser desodoriert: Das ist für grippal Infizierte, die das Bett hüten und viel schwitzen müssen aber nicht duschen oder schon gar nicht baden sollten, weil es den Kreislauf zu sehr belastet, eine große Wohltat. Bindehautentzündungen kann man mit in purem Rosenwasser getränkter Augenwatte lindern. ABER: es sollte reines Rosenwasser ohne Alkohol oder andere Zusätze sein! Mein Favorit ist das mehrfach destillierte Rosenwasser der Firma WADI. Das darf in meiner Praxis nie ausgehen. Und die Liste der Anwendugsmöglichkeiten ließe sich beliebig verlängern. Rosenwasser ist im besten Sinne ein universales Hausmittel!

Da habe ich aber gestaunt: ätherische Öle als Aromastoffe in der Küche sind mir ja durchaus nicht fremd und ich verwende sie regelmäßig. Allen voran natürlich sämtliche Zitrusdüfte, Vanille für Süßes, die Kräuter der Provence in ätherischer Form für mediterrane Gerichte, Lemongrass und Koriander für asiatisch angehauchte Speisen – alles natürlich in winzigsten Spuren. Aber auf die Idee, Ylang Ylang mit Schokolade zu verbinden bin ich trotz aller Experimentierfreude bisher nicht gekommen und war beim Anblick dieser Schokolade auch äußerst skeptisch. Zum Glück hat meine Neugier die Skepsis besiegt und ich habe eines der sinnlichsten Schokoschmeckerlebnisse aller Zeiten hinter mir und muss zu meiner größten Freude auch noch feststellen, dass keine Schokosucht damit ausgelöst wird. Es reicht ein winziges Stückchen um gaaaaaaanz samtigwonnigzufriedenes Wohlsein im ganzen Körper herzustellen – langsamst auf der Zunge zergehen lassen, Augen schließen und etwaige Ablenkungen durch andere Sinnesreize vermeiden! Erwartet hätte ich eher einen seifigen Geschmacksakkord, doch oh Wunder: Ylang Ylang schmeckt nicht raus verleiht aber der Schokolade einen äußerst weichen Charakter, der in Geschmacksnuancen überhaupt nicht zu beschreiben ist außer, dass er genau das Gegenteil der unvermeidlichen Verchilipfefferung des modernen Schokoladengenusses darstellt. Nichts für Kaltduscher und andere hartgesottene Zeitgenossen, würde ich meinen. Die Lavendel-Cranberrie-Kreation ist zwar auch lecker, es überwiegt das säuerliche Cranberriearoma und eignet sich ganz gut als Beigabe zu beerigen Desserts, ist aber kein wirklich neuer Stern am Schokohimmel.

Bratapfelduft: Die meisten kennen nur noch die Vokabel und trotzdem weckt der bloße Gedanke daran gemütlichleckere, saisonal absolut passende Assoziationen – ähnlich wie Schneemann bauen und Schlittenfahren. Sonst würde Bratapfelaroma inzwischen nicht so oft in der Vorweihnachtskonsummaschinerie verwendet. Es gibt sogar Eis mit Bratapfelgeschmack, was für ein Widersinn! Zum Glück hat ein Schneemann kein allgemeingültiges Duftprofil, sonst würden wir das auch noch unter die Nase gerieben bekommen (ich wüsste übrigens schon, wie ein Schneemann riecht). Der klare Vorteil des Bratapfels gegenüber seinem frostigen Kollegen aus Schnee: Er fällt dem Klimawandel nicht zum Opfer, wir können diesen Stimmungsmacher jeden Tag genießen und es ist ganz kinderleicht! Außredem tun wir etwas für unsere Darmflora, die für das Immunsystem eine ganz tragende Rolle spielt. Bratäpfel wärmen verfrorene und rekonvaleszente Bäuchlein gleichermaßen. Bei uns gab es vorgestern die auf dem Foto abgebildeten Prachtexemplare (bzw. welche aus diesem Jahrgang, Sorte so alt wie unbekannt, duften nach Pfirsichen, Erdbeeren und Gewürzen) von unserem alten krummen Apfelbaum, der totgesagt noch solche appetitliche und wunderbar lagerungsfähige Früchte trägt: Gemahlene Mandeln mit gaaaanz hauchwenig Zimtzucker in der Pfanne rösten – ergibt übrigens Duft nach gebrannten Mandeln – Mandeln mit ein paar Tropfen Sahne zu einer krümeligen Füllung verrühren, ein oder zwei Tropfen Vanille-Extrakt und Orangenöl (Orange complet von Neumond ist super), das ganze in die vom Kerngehäuse befreiten Äpfel füllen und eine halbe Stunde bei 180°C backen. Das Aroma, welches sich nach und nach im Haus ausbreitet, ist von keiner Weihnachtsduftmischung zu überbieten und inspiriert zu allerhand besinnlichen Adventsbeschäftigungen.