… sieht für jeden anders aus. Das Land der Dichter und Denker hat in vielerlei Hinsicht paradiesische Zustände zu bieten – vor allem für Autofahrer. Unbegrenzt schnell kommen wir von einem schönen Ort zum anderen. Also zumindest, wenn nicht allzu viele andere auch gerade von einem Ort zum anderen kommen wollen. Ja gut, manchmal gurkt uns auch ein untermotorisiertes Hindernis vor der Stoßstange rum, und hemmt dadurch unser Recht auf freie Fahrt. Wehe dem, der vom Baum der Erkenntnis nascht und mögliche Konsequenzen wie die eigene Sterblichkeit zu ahnen beginnt! Dann fängt er womöglich an über Tempolimits nachzudenken. Wie froh können wir sein, wenn der Gralshüter menschlicher Vernunft in Gestalt des Erzengels Andreas dann ein machtvolles Wort spricht. Hütet Euch davor die Vernunft zu benutzen – ein bisschen gesunder Menschenverstand tut es auch und ruft den Zorn der Hirnlosen und Automobilhersteller nicht wach. Denn wie die Vertreibung aus dem Paradiese endet, wissen ja hoffentlich alle: Die Schlange muss fortan im Staube kriechen -ganz ohne PS.
Zurück zur Aromatherapie: Meine Januarparadiesmischung setzt sich folgendermaßen zusammen:
Lemongrass – auch als das Autofahreröl bekannt wegen seiner konzentrationsfördernden Wirkung
Zypresse – Bietet Orientierung zwischen oben und unten, diesseits und Jenseits, Herz und Verstand für alle, die nicht wissen, wo es lang geht.
Vetiver – gibt Halt und sorgt für Erdung, falls einem das Blech wegzufliegen droht.
Sollte einem in der Mischung etwas stinken, könnte das ein wichtiger Hinweis auf dies und das sein.

Zu viele Baustellen, Konzentrationsmangel, Kommunikationsstau … das muss gründlich und mit Fingerspitzengefühl beduftet werden. Neben den üblichen Fokusübungen kommt natürlich der aromatherapeuthische Allzweckreiniger für das Oberstübchen zum Einsatz: Die Zitrone in der Duftlampe knipst die Birne in der Rübe an. Trotzdem oder womöglich erst recht rappelt es noch im Karton und es kommt noch nichts Gescheites heraus? Bloß kein Rosmarin jetzt, das ist der typische Fehlgriff bei den Lernmischungen meiner langjährigen leidvollen Erfahrung nach. Zwar hat er sich als Alzheimeröl zurecht einen gewissen Ruf erworben, macht aber Sprudelköpfe noch wuseliger. In der Ruhe liegt die Kraft und in der Sinnlichkeit kommt der Geist erst zur vollen Entfaltung. Deshalb darf in meiner Arbeits- und Übezimmermischung YlangYlang nicht fehlen. Zusammen mit der Zitrone ein Leckerbissen für die Synapsen, die sich vor lauter Wonne gleich zu Hauf neu aneinander festknutschen und mir Datenautobahnen freischalten, die ich vorher noch nicht einmal als Trampelpfade wahrgenommen hatte. Ach nur für den Fall, dass die Richtung nicht klar ist: Die weist mit gewohnt milder Autorität meine alte Benimmlehrerin, die Zypresse. Alles klar? Immer noch nicht – na gut, die Frischekickfanatischen können meinetwegen noch ein Tröpfchen Ackerminze dazumogeln, aber jetzt reicht es! Ab an die Arbeit!!

Ein seit einigen Wochen andauerndes Experiment, das ich von einer sechsjährigen Forscherin übernommen habe führt zu erstaunlichen Ansichten.
 Ich stell (bzw. lege, setze, bücke) mich unter die Dinge und wende dann den Blick nach oben:

Wir Erwachsene versuchen uns durch eine sogenannte Drauf- die ersehnte Übersicht zu verschaffen. Wie aussichtslos, wenn sich dabei immer neue Einblicke in neue Problemfelder eröffnen!

Viel erbaulicher fand ich es in letzter Zeit alles von unten zu betrachten. Statt Chaos, kann man da meistens den Himmel sehen (oder aber auch die Unterseite vom Bügelbrett, Schreibtisch, Wäschespinne). Mit folgenden Nebenwirkungen ist zu rechnen: die Nackenmuskulatur, die Augen. die Stirn, die Kiefer entspannen sich, die Gesichtszüge werden weich, der Atem fließt angereichert mit Himmelsblau durch den Körper..

Es entsteht eine Grundhaltung des Staunens: leicht geöffneter Mund, große Augen, offenes Herz, langgestreckte Kehle. Positive Auswirkung auf alle Bereiche des Lebens garnatiert. Kann ich nur zur Nachahmung empfehlen. Allerdings natürlich ohne Gewähr und Methode. Schließlich bin ich noch in der Experimentierphase. 

Meine Untauglichkeit zur Wissenschaftlerin ist bedingt durch mangelnde Bereitschaft zur Dokumentation, daher gibt es nur ein paar wenige und auch nur die wirklich dekorativen Fotos (wer will schon mein Bügelbrett von unten hier sehen?) von meiner Perspektivforschung. Staunen kann ich immer noch am besten ohne Linse zwischen mir und dem Himmel! Übrigens auch wenn es regnet- das kitzelt so lustig …

Ungefähr 92% der Menschen in Deutschland gucken täglich fern, ungefähr 13% musizieren täglich. (Das steht geschrieben auf dem Flyer eines großen benachbarten Musikhauses, zitiert wird da die Studie einer noch größeren nicht ganz benachbarten Marktforscherei) Wieder ein Beweis, dass die Mehrheit nicht immer Recht hat. Der Flimmerkasten hat das Lagerfeuer ersetzt. Keine Zeit zum Spielen, leise berieselt uns das Klischee aus normativen Castingshows und verleidet den Kindern die eigene Stimme, raubt ihnen die Geduld am Ausprobieren. Schade. Hey Ihr dreizehn Prozent da draußen wo seid Ihr? Ich bin eine von Euch!

Hin- und hergerissen zwischen Rollen und Aufgaben versuche ich mich beides verknüpfend künstlerisch an einer Selbstfindung. In den Randstunden des Tages ernähre ich mich hauptsächlich von Resten halbflüssiger Kuvertüre (bio und fairtraide, schließlich ist bald Weihnachten), Kekskrümeln, eingetrocknetem Zuckerguss und Musik. Der Hals meiner Gitarre klebt verdächtig… Handy und Waschmaschine piepsen um die Wette. Kundenwünsche in der Aromapraxis wollen schleunigst erfüllt werden und wann muss ich eigentlich heute wen im Kindergarten abholen? Wer kommt heute wann zum Musizieren? Ach ich freu mich, ich mache wirklich nur, was mir gefällt, widde widde witt und drei macht neune! Aber ich verliere mich zwischen all den schönen Beschäftigungen und es mischen sich Notenblätter mit Plätzchenrezepten, Schmutzwäsche mit Nähprojekten. Keine Angst: Das gibt jetzt keine niedliche Kokettiererei mit meinem Hang zum Unstrukturierten und auch keinen „ach was bin ich für ein sympathischer Chaot“- Post. Ich werde hier gleich in Rezeptform die Lösung für die genannten Probleme, die alle MultitaskingheldInnen kennen, präsentieren. Muss nur noch kurz Wäsche aufhängen. Moment bitte (treppauftreppabtreppaufklapperschüttelklapperseufzwositdieanderesockewasmachtdasrotehandtuchdadrinmistderfleckgingnichtrausachwasriechtdaswiederfein). Die Rettung kommt natürlich aus der Duftlampe bzw. dem Vernebler und setzt sich folgendermaßen zusammen:
Je zwei Tropfen
Zirbelkiefer – atme ruhig und vor allem tief durch, bewahre den Überblick.
Wacholder- mit der nötigen Distanz schützt Du Dich vor Überforderung.
Zypresse- Du weißt wo es lang geht, Du trennst Wichtiges von Unwichtigem ganz nach Deinen Kriterien!

Und die richtige Musik dazu hören: http://youtu.be/CtPT_E8-p3I David Qualey, A childhoods Dream. Das durfte ich kürzlich live erleben.

Zeit sich um die Kraftreserven zu kümmern. Säfte aus der Oberfläche zurückziehen und ab in die Speicher damit: So macht es die Natur und zeigt Farbe dabei. Was liegt näher, als saisonal inspiriert mit offenen Augen und Herzen Vorräte für kältere und grauere Zeiten anzulegen? Aromatherapeutisch sind jetzt die Wurzel-und Holzöle dran. Vor den Anfeindungen morgendlicher Nebelkühle schützt uns innerlich das Ingwerwasser zum Frühstück und körperlich die Ingwerdusche mit einem Tropfen purem ätherischem Ingweröl in der Hand in der dampfenden Duschkabine auf dem Körper verteilt- Kurt Schnaubelts bewährte Anwendungsform ist mit diesem Öl nicht nur ein Muntermacher sondern eine Stärkung des Immunsystems, das viele Stunden anhält. Vor seelischer Winderosion schützt mich bekanntlich Vetiverbeduftung, oft und mit Überschwang habe ich dieses Öl gelobt. Und äußerlich wenden wir kunstvoll geknüpfte, herbstlaubprächtige Schmuckstücke an, die Geschichten vom Sommer, dem Wandel und der Vergänglichkeit erzählen. Die gibt es zur Zeit in der Werkstatt für die Sinne zu bewundern und zu erwerben

Tulpen trinken sich mit gierig gereckten Hälsen am Sonnenlicht satt. Erste Blütenkränzchen zieren blonde, braune, rote, schwarze Mädchenköpfe, die noch ganz luftungewohnt die warmen Kopfbedeckungen abgenommen haben. Wiesenschaumkraut, Braunelle, Gundelrebe, Vogelmiere, Löwenzahn – welcome back! Und ach die Baumblüte, es schneit Blütenblätter und die Vergänglichkeit zupft uns bei all der Vormainachtswonne zart am Ärmel. Schnell die Duftlampe ins Regal zurück, wir wollen draußen inhalieren, verlorene Düfte vom vergangenen Jahr wiederfinden oder besser noch aus der Kindheit, sonst geht uns hier der poetische Gaul durch oder Mörike! Nur eben schnell das Handgepäck auffüllen mit:
Rosenwassersprühfläschchen – bei Juckreiz jedweder Provenienz ein Sprühstoß ins Gesicht bei Bedarf auch in den Rachen und dem Frühlingsgenuss steht nichts mehr im Wege.
Lavendelöl – bei sofortiger Anwendung auf Insektenstichen gute Aussicht auf Unjuckbarkeit.
Tatütataaa – super mega geheime nur für Insider zu habende Ölmischung für kleine und größere Verletzungen, die zuvor noch mit Rosenwasser gereinigt werden können.
Ja das wärs schon, alles andere gibts draußen: Leben Lachen Grün und Vogelgezwitscher! Wir sehen uns auf der Wiese!

..geht weiter, lässt mir keine Ruh. Meldungen über krebsauslösende und krebshemmende Eigenschaften einzelner Inhaltsstoffe ätherischer Öle geben sich in letzter Zeit quasi die Klinke in die Hand. Uns Laienaromaanwendern wird ganz schwindelig dabei! Das Stichwort Krebs hat unglaubliche Signalwirkung: Es löst Angst und Demut bei allen gleichermaßen aus, es macht willig, wenn gesetzliche Maßnahmen den Bürger angeblich vor dieser Krankheit schützen sollen. Krebs gehört für nahezu jeden zur alltäglichen Realität: Am eigenen Körper, in der Familie, im Freundeskreis oder wenigstens in der weiteren Bekanntschaft. Verständlich, allzu menschlich ist das Bedürfnis, in allen Lebensberiechen nach Ursachen für diese leid- und todbringende Krankheit zu suchen. Wer möchte nicht das Vermeidbare vermeiden? Typisch für das mechanistische Weltbild in unserer Gesellschaft ist die Suche nach einzelnen Auslösern – und siehe da sie werden gefunden! Und so kommen bestimmte ätherische Öle ihrer Einzelinhaltsstoffe wegen auf die Abschussliste, nur weil einer der oftmals über hundert vorkommenden Stoffe in isolierter und hochdosierter Form im Labor Krebszellen zum Wachsen gebracht hat! Und dann: Einer der wichtigsten Inhaltsstoffe von Irisöl erweist sich in einer Studie pünktlich zu meinem Iris-Post als hemmend auf das Zellwachstum bei Prostatakrebs! Genaueres dazu steht hier: http://aroma-therapie.blogspot.com/2009/06/duft-gegen-prostatakrebs.html , ein leises Jubeln erstickt mir in der Kehle: Ein Triumph für die Aromatherapie! Oder? Von Herzen wünsche ich jedem Gesundheit und ein langes Leben, der mit der Diagnose Prostatakrebs konfrontiert wird! Dafür sind solche Studien bestimmt unerlässlich. Für die Verfügbarkeit ätherischer Öle für uns Laienanwender läuten durch diese vermeintlichen Triumphe allerdings die Abendglocken: Ätherische Öle werden dadurch zu Arzneimitteln, denen eher früher als später eine Abgabebeschränkung per Gesetz auferlegt wird. Ob sie dadruch im klinischen Bereich dann vermehrt zum Einsatz kommen werden, ist angesichts der damit verbundenen Kosten eher fraglich. Welche Nachteile es aber für die Gesundheit derer hat, die sich eigenverantwortlich und vernünftig täglich mit ätherischen Ölen selbst pflegen, es dann aber nicht mehr können, weil ihnen der Zugang vielleicht verwehrt zumindest aber erschwert werden soll, kann leider kaum ermittelt werden. Das absolut günstige Nutzen-Risiko-Verhältnis in der alltäglichen Anwendung ätherischer Öle findet in der öffentlichen Diskussion (soweit eine stattfindet) kaum Beachtung. An diesbezüglichen Studien hat niemand wirtschaftliches Interesse. Deshalb müssen wir medizinischen Laien wissen, was wir mit ätherischen Ölen tun können und wollen, um für ihre Verfügbarkeit kämpfen zu können, wir sind unserer eigene Lobby. Mehr Selbstbewusstsein in der Anwendung ätherischer Öle außerhalb von Klinik und Esoterik sowie ein gerüttelt Maß an Experimentierfreude mit Sinnlichkeit und Verstand, bitte! Iris und Prostata, Maiglöckchen und Sperma – ich hoffe für alle feinen Nasen, dass sich diese Duftassoziationen nicht festsetzen!

P.S.: Hier die Schokoladenseite unserer Birke 😉

Es ist nicht zu fassen, dass die asiatischen Schwestern unserer Pfingstrosen so hemmungslos duftfrei sind! Aber der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt und Düfte imaginieren ist eine der anspruchsvollsten mentalen Leistungen. Herzliche Einladung zum visuellen Riechen dieser unduftenden Strauchpaeonien aus dem wunderbaren botanischen Garten in Erlangen!

Und für alle Pfingstrosenduftliebhaber gibt es von Florascent Pivoine: Selten hat ein Parfumeur den Duft der Pfingstrose so gekonnt von dem der Rose abgegrenzt. Beide Eaux florales stehen in der Aromapraxis für Sie zum Schnuppern bereit!